Kurzbericht über meinen eigenen Vortrag
"Introspektion
die 'Innenseite' parapsychischer Phänomene
die 'Innenwelt' der Sensitiven"Die Introspektion (wörtlich "Innenschau") - die "Selbstbeobachtung" im Gegensatz zur "Fremdbeobachtung" - ist als (para)psychologische Forschungsmethode in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Aufkommens neuerer Verfahren eher marginalisiert worden, dennoch liefert sie in bestimmten Bereichen Ergebnisse, welchen mit "objektiven" Methoden nicht erzielt werden können [1]. Insbesondere rechtfertigt die Forschung an Sensitiven, die als "Sonderbegabungen" verstanden werden, diesen individualisierenden Ansatz. In einem Exkurs zeige ich, daß die Forschung an besonders begabten Personen keineswegs einen Sonderstatus der Parapsychologie impliziert, sondern daß auch z. B. in der Musikpsychologie hinsichtlich des sogenannten "absoluten Gehörs" [2], in der Synästhesie-Forschung, im Bereich der "Rechengenies" oder "Rechenkünstler" u. a. die ganz spezifische Begabung einer verschwindend kleinen Minderheit der Bevölkerung den jeweiligen Forschungsgegenstand darstellt. (Eine Vorführung der Leistungen des "lebenden Computers" Wim KLEIN am Institut für Theoretische Physik der Univ. Wien habe ich szt. selbst miterlebt, diese Demonstration hat mich überaus beeindruckt.)
Man kann im Rahmen der Außersinnlichen Erfahrung (Außersinnlichen Wahrnehmung) den eigentlichen "Übertragungsprozeß" (in aller Fragwürdigkeit dieses Wortes) als "Primärprozeß" vom "Sekundärprozeß" des Aufsteigens der y-Information ins Bewußtsein unterscheiden, und dieser Sekundärprozeß ist es, welcher der Introspektion zugänglich ist. Aus der Selbstbeobachtung der Sensitiven (sei diese nun autonom oder durch Befragung von seiten parapsychologischer Forscher initiiert) und aus den daraus resultierenden Selbstzeugnissen lassen sich eine Reihe von Schlüssen ziehen, die ein besseres Verständnis der Natur des Sekundärprozesses erlauben, gleichsam jener Filter, welche das Bewußtwerden der paranormal gewonnenen Information steuern, sei es, daß sozusagen ausgewählt wird, welche Art von Information überhaupt bewußt wird, sei es, daß eine persönliche "Einfärbung" und Umdeutung erfolgt.
Eine Reihe von Sensitiven habe ich dazu vorgestellt und teilweise auch diskutiert,
Pascal FORTHUNY, an dem René WARCOLLIER die Methode des "Platzexperiments" entwickelt hat
Ing. Stefan OSSOWIECKI, über den Mary Rose BARRINGTON 1999 in ihrem Vortrag in unserer Gesellschaft berichtet hat; festzuhalten ist bei OSSOWIECKI die Prävalenz der Form gegenüber dem Inhalt, er hat dem Agenten gleichsam über die Schulter - oder, noch besser gesagt - durch seine Augen geschaut, aber vielfach nicht verstanden, worum es sich gehandelt hat
Mary Craig SINCLAIR, die Frau des berühmten Romanciers und Pulitzer-Preisträgers Upton SINCLAIR, bei der vielfach eine Umdeutung der paranormal empfangenen Inhalte entsprechend ihrer eigenen Erfahrungen erfolgt ist (so wird z.B. aus einem Vulkan ein Insekt) - SINCLAIRs Buch über diese Experimente hat Albert EINSTEIN sehr beeindruckt und war in der Folge auch instrumental für die Etablierung von J. B. RHINEs Laboratorium an der Duke-University
die Parapsychologin Gerda WALTHER, die hier jedoch als Sensitive figuriert und auf die ich ganz zum Schluß eingegangen bin
Gérard CROISET, der zwar in der populären Literatur maßlos überschätzt wird, aber dennoch eine sehr interessante Persönlichkeit darstellt
Arthur ORLOP, von dem Heinz Ch. BERENDT das vollständige wörtliche Protokoll eines Platzexperiments veröffentlicht hat, welches das visuelle Element - also die Modalität des Erlebens - stark betont,
und die beiden noch lebenden SensitivenIngo SWANN
undJoe McMONEAGLE.
Von den Parapsychologen, die in diesem Zusammenhang zu nennen sind, habe ich insbesondere auf die folgenden hingewiesen:
René WARCOLLIER, dessen diesbezügliche Arbeiten 1938 von Gardner MURPHY auf Englisch in einem Band herausgebracht worden sind, der mittlerweile in Neuauflagen wieder zugänglich ist (u. a. in Russell TARGs Schriftenreihe)
Willem H. C. TENHAEFF, auf den gleich näher einzugehen sein wird,
undMontague ULLMAN, von dem ich ein Beobachtung berichtet habe, die sozusagen ein spontanes Ereignis im Rahmen eines kontrollierten Experiments (zur "Traumtelepathie") darstellt, wobei sich emotional besetzte Inhalte (die Befürchtung einer drohenden Magenoperation mit anschließenden Komplikationen) gegenüber dem beabsichtigten Zielobjekt in den Vordergrund geschoben haben.
TENHAEFF, der 1981 hochbetagt verstorben ist, hat in seinen letzten Lebensjahren gerade Aspekte des Sekundärprozesses ins Zentrum seiner Arbeit gerückt, wobei er für die Beschreibung der Persönlichkeitsstruktur der Sensitiven (in der niederländischen Terminologie "Paragnosten") den Ausdruck "Anthropologische Parapsychologie", also eine auf den (erlebenden) Menschen fokussierende Parapsychologie, gewählt hat. Leider erst nach seinem Tod sind mir gewisse Unstimmigkeiten in seinen Berichten aufgefallen, auf die ich zwar, der Wahrheit willen, hingewiesen habe, wobei ich aber der Meinung war und auch heute noch bin, daß dies auf ungenaues Zitieren TENHAEFFs aufgrund seines hohen Alters zurückzuführen ist und daß dies dem Lebenswerk TENHAEFFs nur geringen Abbruch tut. Hingegen hat sich damals Piet Hein HOUBENS dann auf diese Widersprüchlichkeiten gestürzt und versucht, ein "Monument" der Parapsychologie, immerhin den ersten Universitätsprofessor dieses Faches in Europa, zu demontieren. Auch unter Beachtung von HOUBENS' Kritik gibt es jedoch ein Bleibendes im Werk TENHAEFFs, und von diesem soll hier kurz die Rede sein.
Die Hauptpunkte von TENHAEFFs Anthropologischer Parapsychologie umfassen
eine Sensibilisierung durch Ereignisse der Individualgeschichte der Sensitiven, die mit den paranormal erfaßten Inhalten korrelieren (gleichsam in Resonanz miteinander stehen)
und emotional besetzt sind,
die Prävalenz der Analogie-Assoziation (gegenüber den phylogenetisch jüngeren Assoziationsformen der Kontrast- und der Kontiguitätsassoziation),
das Denken in Bildern
verbunden mit individuellen Symbolen, welche die Sensitiven (durch Introspektion) zu verstehen lernen müssen,
wobei TENHAEFF all dies schlußendlich auch in Hinblick auf eine entwicklungsgeschichtliche Spekulation diskutiert.
Ingo SWANN, mit dem wir uns nun in die Gegenwart begeben, geht deklarierterweise in seiner Introspektion auf Gardner MURPHY (d. h. eigentlich auf René WARCOLLIER) zurück. Er analysiert sehr genau das Verhältnis dessen, was er y-Signal nennt, gegenüber dem mentalen "Hintergrundrauschen", kennt die Gefahren, die aus einer (vorschnellen, nicht von einem Experimentator behutsam geleiteten) Interpretation des paranormal Erfahrenen erwachsen können (in seiner Terminologie die "analytische Überlagerung") und weist auch auf Vorgänge wie Fragmentation eines Gesamtbildes sowie Wiederholung einzelner Elemente und deren Neukombination hin.
[Vgl. auch das Material auf SWANNs Homepage, wo man auch eine Auswahl seiner Bilder (er ist von Beruf Kunstmaler) sehen kann.]Auch Joe McMONEAGLE hat sich mit diesen inneren Vorgängen beschäftigt, freilich in einem weit geringeren Ausmaß, und so hat er sich auch vor einigen Jahren dazu hinreißen lassen, die Prophezeiung zu veröffentlichen, daß Papst Johannes Paul II. im Jahre 1999 sterben würde ...
Schließlich habe ich noch auf V. USLARs Wort von der "traumartigen Struktur" paranormaler Erfahrungen hingewiesen und aus dem Traumleben bekannte Vorgänge wie (die bereits genannten) Fragmentation und Neukombination, (aber auch) Verdichtung und Verschiebung anhand von Beispielen belegt.
Wie es bei manchen Musikstücken eine Coda gibt, so habe ich auch noch einen Anhang gebracht, nämlich über manche eigene Erlebnisse, welche Gerda WALTHER in ihrer Autobiographie berichtet. Nachdem ich zunächst den (unscharfen, eher schwammigen) Ausdruck "Aura" beschrieben und auch entsprechend problematisiert habe, habe ich geschildert, wie die begeisterte Wagnerianerin Gerda WALTHER einst den "Wahnmonolog" im Radio hörte - gleichsam doppelt, einmal ganz hingerissen als sie selbst, und das zweite Mal mit Gedanken wie "ach, wie ist das langweilig!" und "hoffentlich ist das bald zu Ende!", die sie als "eingebettet in der 'Aura'" des mit ihr befreundeten Rudi SCHNEIDER empfunden hat. (Rudi SCHNEIDER war ein bedeutendes physikalischen Medium jener Zeit, und sein musikalischer Geschmack war ein äußert seichter.) Offen bleibt, wie dieses Gefühl, die von ihr telepathisch erfaßten Gedanken seien mit der "Aura" der betreffenden Person verbunden, zu interpretieren sei, ob es sich dabei um eine neue, sonst unbekannte Erfahrungsqualität handle oder ob auch dies auf Elemente des telepathischen Prozesses zurückzuführen sei. So beeindruckend dieser Fall auch ist, dennoch möge man sich davor hüten, andere Erfahrungen, etwa die um den SA-Stabschef Ernst RÖHM nach dessen Ermordung, unkritisch und unhinterfragt zu akzeptieren. - Der Zufall hat gewollt, daß ich diese Erfahrungen Gerda WALTHERs just an jenem Tag vorgetragen habe, an dem sie ihren 105. Geburtstag begangen hätte.
__________________________________
1) Natürlich spreche ich nicht einem Rückschritt das Wort, sondern mir schwebt ein Methodenpluralismus vor, der ältere, in bestimmten Bereichen unverzichtbare Methoden neben den sehr wertvollen neu dazugekommenen weiterhin gelten läßt.
2) Der Vergleich von Sensitivität und "absolutem Gehör" ist noch in einer anderen Hinsicht tragfähig: daß man beides kaum trainieren kann. Entweder man hat es - oder man hat es eben nicht ...
[Zurück]
Hier steht die den Vortrag begleitende Powerpoint-Präsentation zur Verfügung:
Zum Öffnen oder Downloaden auf das Icon klicken!
Dateigröße > 5 MB - entsprechend lange Ladezeit ...
(Bei Betrachtung im Vollbildmodus geht es jeweils mit Mausklick oder beliebigem Tastendruck weiter)
In der Diskussion
hat unsere langjährige Bibliothekarin, Frau LEUTNER, mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die von mir zitierte sehr lesenswerte Autobiographie von Gerda WALTHER in unserer Bibliothek vorhanden und somit Interessierten zugänglich ist. Dasselbe gilt auch für die beiden anderen von mir genannten Bücher von SCHATZ und BERENDT.Literatur (deutschsprachig):
BERENDT, H. Ch.: Der Sprung über die Zeit. Vorschau in parapsychologischer Sicht, Freiburg/Basel/Wien
(Herderbücherei, Band 1142) 1985
SWANN, I.: Der sechste Sinn. Entdecken Sie Ihre außersinnlichen Fähigkeiten, Freiburg (Bauer) 1992/94
TENHAEFF, W.H.C.: Der Blick in die Zukunft. Präkognition, Berlin (Universitas) 1976
TENHAEFF, W.H.C.: Zur Persönlichkeitsstruktur der Paragnosten (Übersetzer: W. P. MULACZ).
In: SCHATZ, O. (Hrsg.): Parapsychologie. Ein Handbuch (pp. 109 - 132), Graz/Wien/Köln ( Styria) 1976
WALTHER, G: Zum anderen Ufer. Vom Marxismus und Atheismus zum Christentum, Remagen (Reichl) 1960
[Zurück zum Seitenanfang] [Zurück zum Vortragsprogramm] [Zurück zum Inhaltsverzeichnis] [Home]