Kurzbericht über meinen eigenen Vortrag
"Momentaufnahme der Parapsychologie
Die heurige Tagung (17. - 20. August) war die 43. in der Geschichte der Parapsychological Association (PA) und die zweite, die in Freiburg stattgefunden hat (die Tagungen finden alternierend in den USA und in Europa statt; die Kongreßsprache ist stets Englisch). Bereits 1968, als der unvergeßliche Altmeister der deutschen Parapsychologie und Gründer des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP), Hans BENDER, die Präsidentschaft der PA innehatte, fand die (11.) Jahrestagung in Freiburg statt, und nunmehr hat es sich aufgrund des 50-Jahres-Jubiläums des IGPP angeboten, die heurige Tagung wieder in Freiburg abzuhalten.
Die Vergangenheit – historische Fragen
Als Veranstaltungshaus hat das IGPP das Kolpinghaus gewählt; die Programmgestaltung lag in den Händen von Fiona STEINKAMP (KPU/IGPP), und für die Organisation zeichneten Eberhard BAUER, Holger BÖSCH und Gunda WÖßNER verantwortlich, denen allen hier gedankt sei.
Eingangs hat der Leiter des IGPP, Prof. Johannes MISCHO, die Teilnehmer willkommen geheißen.
Die Teilnehmerliste umfaßt ca. 150 Namen, wozu aber noch zahlreiche Nachzügler bzw. Besucher mit Tageskarten kamen. Ein Gruppenphoto der Teilnehmer ist von Andreas SOMMER ins Web gestellt worden.
Wie immer waren die behandelten Themen der insgesamt 34 Präsentationen (zuzüglich drei Podiumsdiskussionen) weit gestreut, um das Gesamtgebiet der Parapsychologie möglichst abzudecken. Freilich hat die Parapsychologie einen derartigen Grad von Professionalisierung erreicht, daß es niemandem mehr möglich ist, in all diesen weit gestreuten Themenbereichen gleichermaßen Kompetenz beanspruchen zu wollen. Daher ist auch meine Auswahl der "Highlights" eine durchaus subjektive.
Ich habe auch nicht das ganze Programm übersetzt bzw. kommentiert, sondern bloß eine knappe Kostprobe gebracht, die ich in Form einer animierten Powerpoint-Präsentation vorgeführt habe, in welche ich auch kurz meine eigene sowie drei fremde Präsentationen im Original integriert habe, für die deren Verfassern [ 1 ] gedankt sei.
Unter diesem Motto standen die ersten drei Referate, Manfred HILKE "Surrealismus und Parapsychologie – ein experimenteller Zugang" , vor allem auf psychische Automatismen (André BRETON u.a.) fokussierend, Peter LAMONT "Geisterzauber oder Zaubertricks? – Erklärungen von Sitzungsphänomenen im Viktorianischen England" und mein eigener Beitrag über "Geschichte der Parapsychologie in Österreich" .
Walter von LUCADOU hat unter dem Titel "Hans im Glück – die Gültigkeit parapsychologischer Evidenz" die Flüchtigkeit von Psi beleuchtet, und ein Round-Table (Eberhard BAUER, Erlendur HARALDSSON, Walter von LUCADOU, Inge STRAUCH und Ulrich TIMM) hat Leben und Werk Hans BENDERs in seinen verschiedenen Dimensionen (z.B. Prof. STRAUCH über Träume) gewürdigt.
Auf dem Vergangenen aufbauen – methodologische Fragen und erneute Analysen
Zu den 'methodologischen Problemen' sprach Ulrich TIMM über "Das Problem einer optimalen Festlegung der Effektgröße für Psi-Versuche" , Stefan SCHMIDT (mit SCHNEIDER, BINDER, BÜRKLE, WALACH) über Probleme einer Pilotstudie zu DMILS und John PALMER & Richard BROUGHTON (der neue und der alte Direktor des RHINE Research Center [RRC]) über eine Meta-Analyse von Ganzfeld-Experimenten.
Zu 'Neue Befunde in vorhandenen Daten' zeigte Dick BIERMAN in seiner perfekt animierten Präsentation "Anomale Effekte psychophysischer Variabler in der Emotions-Forschung" auf, daß Dean RADIN's presentiment-Effekt sich auch in Daten, die außerhalb parapsychologischer Forschung gewonnen worden sind, nachweisen läßt. Weitere Beiträge zu diesem Themenkomplex kamen von BROUGHTON & SPOTTISWOODE sowie von DALKVIST & WESTERLUND.
Während ich weitere methodologische und theoretische Beiträge in meiner Zusammenfassung überspringe, weise ich auf das ausführliche Referat von James SPOTTISWOODE "Nochmals der LST-Effekt – Tatsache oder Täuschung?" hin. Bekanntlich hat SPOTTISWOODE bei seiner Datenanalyse von Ganzfeld-Studien während eines kurzen 'Fensters' zu einer bestimmten Zeit (rund um 13:30 h LST = gemessen in lokaler Sternzeit) eine drastische Zunahme des 'Psi-Effekts' gefunden.
In einem Rundgespräch "Die portREG Replikation durch das IGPP Konsortium zur Interaktion zwischen Mensch und Maschine" wurden von Roger NELSON, Emil BOLLER, Holger BÖSCH und Joop HOUTKOOPER die in Freiburg (FAMMI) bzw. Gießen (GARP) erzielten Resultate diskutiert, die sich im Lauf der Zeit immer mehr der Nullinie angenähert haben.
Die Gegenwart – Persönlichkeit und Erfahrung
Zum Abschnitt 'Persönlichkeit und Beschreibung' gab es drei Referate, Erlendur HARALDSSON u.a. sprach über "Die Rolle der Dissoziation bei Kindern, die von früheren Leben erzählen" – ein Stoff, über Teile dessen er bereits vor einigen Jahren in unserer Gesellschaft gesprochen hat; Christine SIMMONDS und Chris ROE stellten eine Fragebogenuntersuchung "Persönlichkeitskorrelate anomaler Erfahrungen ..." [ 2 ] vor und Simon SHERWOOD verglich die Erfahrungen, die Klienten/Probanden in einem Psychomanteum à la MOODY machen, mit hypnagogen bzw. hypnopompen Erfahrungen (also jenen in der 'Grauzone' von Einschlafen bzw. Aufwachen, wobei jedoch, im Gegensatz zum Psychomanteum, die Augen geschlossen sind).
Ebenso drei Referate gab es zum Abschnitt 'Beratung', nämlich Martina BELZ-MERK, die über "Beratung und Therapie für Personen, die außerordentliche Erfahrungen behaupten" aus dem Freiburger Erfahrungsgut berichtete, Gómez MONTANELLI und Alejandro PARRA, die über eine Befragung zu paranormalen Erfahrungen in Argentinien und deren mögliche klinische Implikationen berichteten, und Raffaella DEFLORIN & Ina SCHMIED, wiederum IGPP, die deren groß angelegte Repräsentativuntersuchung (Telephonbefragung) zu paranormalen Erfahrungen in der bundesdeutschen Bevölkerung darstellten, deren Auswertung noch im Gange ist.
Zum Kapitel 'Träume' sprachen Stanley KRIPPNER und Laura FAITH über "Eine transkulturelle Studie psi-bezogener Träume" und Art FUNKHOUSER zum Thema "Träume und Déjà vu" , wobei er insbesondere auf den Unterschied zwischen 'déjà vu' und 'déjà visité' hinwies, der von Relevanz für die anzuwendenden Erklärungsmodelle ist.
Dick BIERMANs Vortrag "Descartes' Fehler? Die Natur von Psi und die Beziehungen zwischen subjektiver und objektiver Welt" provozierte so manchen Widerspruch.
Das Thema 'Spuk' bzw. RSPK, "Poltergeist" durfte natürlich auch nicht fehlen, dazu gab es ein Symposium mit Bill ROLL, William EVERIST und Andrew NICHOLS; im Vordergrund standen NICHOLS' von Photos unterstützte Berichte über anomale Lichterscheinungen im Zuge verschiedener Spukfälle. Ferner hat Bill ROLL die von ihm verwendeten Instrumente zur Messung der geomagnetischen Feldstärke demonstriert.
In die Zukunft – neue Daten
Dieser abschließende Bereich hat sich in die Abschnitte 'Psychophysiologie', 'Neue Daten' und 'Neue Untersuchungen' gegliedert.
Zum ersten Abschnitt gab es drei Referate, zunächst eine Fallstudie von Cheryl ALEXANDER, dann eine Untersuchung über das 'Gamma Band (40Hz)' in Zusammenhang mit einem psi-Test von MCDONOUGH & DON und schließlich Jiri WACKERMANN u.a. aus der IGPP-Mannschaft mit "Ein Vergleich von Ganzfeld und hypnagogem Zustand in Bezug auf elektrophysiologische Messungen und subjektive Erfahrungen" .
Von den unter 'neue Daten' vorgestellten 5 Kurzberichten greife ich nur Wilfried KUGEL "Quanten-Korrelationen als ein möglicher Detektor für psi-Phänomene" und Suitbert ERTEL "Alternative Kontrollmöglichkeiten in der experimentellen Parapsychologie" heraus; letzterer schlägt ein interessantes Experiment mit dem Ziehen numerierter Ping-Pong-Bälle aus einem (bzw. zwei) Säckchen vor [ 3 ], welche(s) den Probanden auch für "Hausübungen" mitgegeben werden kann (können), wobei die spezielle Datenanalyse allfälligen Betrug beim Protokollieren der Hausaufgaben ans Licht bringen würde.
Der Schlußabschnitt hat zwei Referate beinhaltet, darunter Michaleen MAHER über eine "Quantitative Untersuchung des 'General Wayne'-Gasthofs" , das nicht nur interessante Befunde dargestellt hat, sondern auch theoretische Überlegungen, inwiefern unser Bild von hie lokaler, dort personengebundener Spuk überhaupt zutreffend ist oder nicht einer Überwindung/Ergänzung bedürfte.
Nancy ZINGRONE (Parapsychology Foundation [PF]) hat formal (obwohl persönlich leider nicht anwesend) mit Ende der Tagung die Präsidentschaft von Marilyn SCHLITZ (Institute for Noetic Studies [IONS]) übernommen, deren Präsidentenansprache recht gemischt aufgenommen worden ist: während die Amerikaner begeistert waren, blieben die Europäern eher reserviert. Na ja, es war gerade die Zeit der presidential campaign in den USA, und dieser Stil scheint abgefärbt zu haben ...
Damit ist diese Tagung zu Ende gegangen – wie immer sehr interessant, aber auch (wenn man alles zu rezipieren versucht hat) durchaus anstrengend.
Nächstes Jahr findet die Tagung in New York (Gastgeber PF) statt, und 2002 in Paris (Gastgeber Institut Métapsychique International [IMI]), und was dann kommt, wird man sehen ... vielleicht 2004 in Wien?
Anmerkungen :
[ 1 ] Dick BIERMAN, Holger BÖSCH und Suitbert ERTEL [ 2 ] Eine Replikation dieser Untersuchung könnte auch im Rahmen unserer Gesellschaft durchgeführt werden. Chris ROE hat freundlicherweise zugesagt, dafür ggf. seine item-Liste zur Verfügung zu stellen. [ 3 ] Prof. ERTEL bietet freundlicherweise Interessierten derartige Säcke für Replikationsversuche an.
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