Kurzbericht über den Vortrag
von Alfons Steiner
"Jenseitsvorstellungen im Wandel der Zeiten"
Spricht man im Umfeld der Parapsychologie von "Jenseitsvorstellungen", so denkt man wohl zunächst an die Bilder, welche sich Menschen aller möglicher Zeiten und Kulturen darüber gemacht haben, was uns nach dem Tod erwarten mag. Von hier aus - von Sterben und Tod - hat auch der Referent seinen Ausgangspunkt gewählt, hat aber dann - überraschend weit ausholend - aber auch Mythen und Magie, Symbole und Götter verschiedener Religionen abgehandelt.
Freundlicherweise hat mir Herr STEINER auch diesmal wieder sein Manuskript zur Verfügung gestellt, das ich hier in leicht gekürzter Form bringe; die Ich-Form im Text bezieht sich daher auf unseren Referenten, der übrigens ebenfalls ein Vorstandsmitglied unserer Gesellschaft ist. Der Vortrag war von schönen, stimmungsvollen Bildern begleitet, die hier leider entfallen müssen.
Wenn wir von Jenseitsvorstellungen sprechen, so kommen wir darüber nicht hinweg, uns mit dem Tod, dem Sterben auseinander zu setzen. Halten wir vorerst fest: ohne Tod gibt es keine Jenseitsvorstellungen. Aber behalten wir bitte in der Sichtweise immer vor Augen, alle Bilder und Vorstellungen - und hier sage ich sehr bewusst, gleichgültig auf welche Art sie zustande gekommen sind - können nur Annäherungen, können nur Vorstellungen sein. Diese sind immer ein Ausdruck, ja sogar ein Spiegelbild einer bestimmten Epoche, einer bestimmten Kultur.
Welche Einstellungen haben nun die Menschen zum Tod ?
Welche Vorstellungen haben sich herausgebildet ?
Dass der physische Tod nicht das Ende des menschlichen Lebens zu sein scheint, ist eine der Urvorstellungen, welche den menschlichen Universalien zuzuordnen ist. Den Sterbenden wird auf Grund ideeller religiöser Orientierungsmuster die Möglichkeit geboten, in eine neue Daseinsform überzutreten. Wobei ich unter religiösen Orientierungsmustern auch die Naturreligionen mit einbeziehe. Wie das Jenseits und der Weg dorthin aussieht, hängt jeweils vom spezifischen Weltbild, der Gemeinschaft der religiösen Kultur, ab.
Die Vorstellungen reichen von einer natürlichen Fortsetzung des Lebens - des irdischen Lebens mit allen seinen Facetten im Jenseits, aber auch einer Verschlechterung oder einer möglichen Verbesserung des diesseitigen Zustandes -, denken wir dabei an die Hölle, das Fegfeuer und zuletzt an den Himmel. Alle diese Szenarien sind Jenseitsvorstellungen oder, genauer gesagt, ein Teilaspekt von Jenseitsvorstellungen.
In Kulturen in denen die Vorstellung von der Seelenwanderung ausgebildet ist, findet der Ausgleich von Schuld und Sühne nicht oder nicht ausschließlich im Jenseits, sondern auch bei einer Rückkehr in das Diesseits in den verschiedenen Lebensformen statt.Tritt der Tod ein, so wird er fast ausschließlich als Übergang von einer Lebensform in die andere begriffen. Dieser Übergang dauert eine rituell festgelegte Zeit, in der der Verstorbene, je nach kulturbedingten religiösen Vorstellungen bestimmte Prüfungen zu bestehen hat, die für die Aufnahme in die Jenseitswelten zwingend vorgeschrieben sind. Denken wir dabei an die diversen Totenbücher.
Die Bestattungszeremonien sind ein wesentlicher Teil des Lösungsrituals der Verstorbenen aus der Gemeinschaft der Lebenden. Sie sind es, die den Zugang in eine andere Welt ermöglichen. Zusammenfassend wäre zu sagen, daß wir es mit einer Dreiteilung der Totenriten zu tun haben:
- Erstens eine Lösung
- Zweitens einen Übergang und
- Drittens eine Aufnahme beziehungsweise eine Eingliederung von einer Existenzform in eine Andere
Mit dem Tod untrennbar verbunden sind die Seelenvorstellungen, sie gehören an sich zum Bild des Menschen welches sich die Völker machen. Denn ohne Seelenvorstellungen kann es meiner Meinung nach keine Vorstellungen vom Überleben des Todes - in welcher Form auch immer - und keine Jenseitsvorstellungen geben. Wobei ich allerdings die animistischen Vorstellungen der Naturreligionen mit einbeziehe. Zum Beispiel das Weiterleben der Seelen in Pflanzen, Bäumen, Steinen und Tieren.
Der religiöse Aspekt ist hierbei erst dann gegeben, wenn Seelen nach dem Tode eine Transzendierung erfahren, und mit transzendenten Wesenheiten - gleichgültig in welcher Form und Gestalt - in Beziehung, gebracht werden. Hier spielt die jeweilige religiöse Kultur eine entscheidende Rolle. Nicht zu übersehen wären dabei rituelle Praktiken die sich bis heute in den verschiedensten Formen - oft nicht sofort durchschaubar - aber auch in der Mystik erhalten haben. Wenden wir uns zunächst den magischen Vorstellungen vorzeitlicher Kulturen zu.
Wann begann bei den Menschen die Jenseitsvorstellung ?
Ab welchem geschichtlichen Datum sind sie nachweisbar ?
Wenn Goethe seinen Doktor Faust im Studierzimmer die Worte des Johannes-Evangeliums sprechen lässt, "Am Anfang war das Wort", so könnte man bei den magischen Jenseitsvorstellungen sagen:
"Am Anfang war die Angst", die Angst des Urmenschen vor einer unerklärlichen Welt, vor den Naturgewalten - Sturm, Blitz, Donner, Hagel und nicht zuletzt vor dem Tod.Da gab er diesen Naturgewalten Namen und versuchte durch rituelle Handlungen sich diese ihm unerklärlichen Mächte gnädig zu stimmen. Daraus wurden die magischen Formen, die in jeder Religion teils offen, teils unterschwellig - nicht auf den ersten Blick erkennbar - nach wie vor existieren. Daraus entstanden die Naturreligionen.
Aber eines steht meiner Meinung nach fest: dass es damals schon Personen gab, welche die kosmischen Gesetze nach ihrem Verständnis erahnten, ebenso die Orte der Kraft die teilweise bis in unsere heutige Zeit in den verschiedensten Formen erhalten blieben. Sie mögen auch damals
Des Sonnenstrahles Dienst
Den leuchtenden Kreis des Mondes
Der Luftgeister ätherische Körpergegrüßt und in sicherlich nur magischer Form angerufen haben.
Sie erahnten den "Höchsten" nach ihren Begreifen. "Du gleichst dem Geist, den du begreifst" spricht der Erdgeist zu Faust.Hier möchte ich die Worte eines Eskimos vom Noatakfluß auszugsweise zitieren - entnommen dem Buch "Die großen Mythen der Menschheit".
"Und alle die alten Mythen, die wir von unseren Vorvätern erhielten, sind die Reden der Toten. Wir sprechen mit allen, die einst vor langer Zeit weise waren."
Ab wann können wir uns nun, an vorsichtige Datierungen heranwagen, wo magisches und später religiöses Denken dargestellt durch Zeichnungen und Symbole mit großer Wahrscheinlichkeit nachzuweisen ist ?
Hier möchte ich den Titel des Buches "Wenn Steine reden" von Herbert KÜHN, Professor der prähistorischen Archäologie, verwenden und daraus zitieren:
Wenn Steine reden, dann reden sie laut zu dem Menschen, der ihren Sinn zu verstehen trachtet, zu dem Menschen der sich ihnen zuneigt, der ihnen zuzuhören vermag. Manche stehen auf der Erde, aufgerichtet von uns Lebenden, Überreste einer fernen, fast ungreifbaren Vergangenheit. Sie sprechen von dem Denken dieses Menschen der Vorzeit, sie sprechen von seinem Glauben an das Ewige, an das Bleibende, an das, was über den Dingen steht. Die Steine reden auch dort, wo sie Zeichen, wo sie Bilder, wo sie Symbole tragen. Diese Zeichen, diese Kreise, diese Zickzacklinien, diese dämonischen Gestalten, sie bergen einen Anspruch in sich, einen Ausruf, einen Sinn. Die Zeichen sprechen von den Gedanken des Menschen, der vor uns war. Sie reden von der Vorstellung seiner Umwelt, von seinem Denken, von seinem Erfassen des Ungeschehenen, des Gedachten, des Wesenhaften. Die Welt des Menschen der Eiszeit ist das Tier, ist die Jagd, ist Gegenwart, ist Wirklichkeit.
Kommen wir nun zu den Menschen der Nacheiszeit, es ist die Neusteinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit.
Abstrakt, losgelöst vom Wirklichen, sind die Gestalten von Mensch und Tier und etwas Neues tritt hinzu: Die Chiffren der Fruchtbarkeit, des Wassers, des Regens, der Wolke. Und der Gedanke an das Weltganze wird sichtbar gemacht im Zeichen:
Der Kreis erscheint als Symbol des Kosmos, das Kreuz als Viergliederung in Raum und Zeit, das Viereck als das Feld der Erde.Hinweise, gemalte Gedankenwelten erscheinen da, wo vorher in dem Horizonte der Jagd das wirkliche, das wahrheitsgetreue Tier, die Jagdfalle gestanden hatte. Es sind große Fragen der Menschheitsentwicklung, Fragen des geistigen, des religiösen Erlebens. Es ist die Frage nach dem Menschen selbst, nach dem Menschen, der durch diese Steine, durch diese Zeichen redet. Es sind seine Sorgen, seine Geheimnisse, die er eingegraben hat in diese Steine. Hier gilt es zu erfassen, was die Symbolik bedeutet.
Soweit aus dem Buch "Wenn Steine reden".
Sehen wir uns nun einige Felszeichnungen an. Bevor ich auf weitere Jenseitsvorstellungen eingehe, möchte ich in logischer Fortsetzung der Felszeichnungen einige Ausschnitte aus Mythen bringen und zwar nur was die Erschaffung der Welt betrifft. Die Erschaffung der Welt deswegen, da aus diesen Urmythen. - so glaube ich - in weiterer Folge Jenseitsvorstellungen abgeleitet werden können.
Mythen sind Erzählungen von Göttern, Heroen und anderen Gestalten und Geschehnissen aus vorgeschichtlicher Zeit, auch Bezeichnungen für die sich darin aussprechende Weltdeutung eines frühen mythischen Bewusstseins. Dunkel liegt über allem Anfang und allem Ende. Seit Jahrtausenden sieht sich der Mensch in seiner Existenz mit dem Unerklärlichen und Geheimnisvollen konfrontiert. Daran hat sich bis heute nichts geändert, trotz aller technischen Fortschritte. Aber kehren wir zurück zu den Mythen. Als Ausdruck seines Strebens nach Deutung der Welt, den in ihr wirksam werdenden Kräften und Mächten entstanden in allen Völkern, zu allen Zeiten Mythen. Hier glaube ich nicht nur in allen Zeiten, sondern auch in der Gegenwart entstehen moderne Mythen - denken wir nur an die "außerirdischen Besucher der Erde" oder an "UFO-Götter".
Kehren wir also zurück zu den Schöpfungsmythen und beginnen wir mit. dem ägyptischen Schöpfungsmythos.
Ich Chepra, bin der Schöpfer alles dessen, was Leben in sich trägt, nachdem ich selbst in uralten Zeiten ins Leben trat. Selbst erzeugte ich mich aus den Urwesen, mein Name ist Osiris, das Urwesen aus dem Urstoff. Ich war der Herr über alle Welt und die ganze Welt war von mir erfüllt, denn ich war allein. Die Götter waren noch nicht entstanden. Es gab auch sonst noch keine anderen Geschöpfe und Wesen, ich war ganz allein, und ich erschuf alles was erschaffen ist. Kein Wesen half mir, ich allein erschuf alles. Dann hob ich die ins Leben getretenen Wesen aus dem Urwasser, dem Zustande des Nichtseins empor, obwohl ich noch keinen festen Platz fand, darauf zu stehen. In meinem Herzen formte ich ein herrliches Urbild, den Uranfang legte ich für mich. So erschuf ich alles Lebendige, und es entstanden viele Wesen, die wiederum andere Wesen erzeugten. Ich spie die Gestalten von Schu und Tefent aus und wurde damit aus einem Gott zu einer dreifachen Gottheit, ja aus mir selbst kamen zwei Götter zum Leben. Schu und Tefent wurden aus dem Urwasser, aus mir selbst hervorgehoben und dann entstand die Pflanzenwelt. Als ich weinte entstanden die Menschen aus meinen Tränen. Schu und Tefent gaben Geb und Nut das Leben. Geb und Nut erweckten die anderen Götter und diese riefen unzählige Wesen auf der Erde ins Leben. Sie alle rufen meinen Namen an, sie vernichten ihre Feinde, sie äußern Worte der Kraft.
Zum besseren Verständnis dieses Schöpfungsmythos gehe ich kurz auf die erwähnten Gottheiten ein:
Osiris: Schöpfer- wie auch Totengott Anubis: Gott mit Schakalkopf, vor allem für die Bestattungsriten zuständig Nut: Himmelsgöttin Geb: Erdgott Schu: Luftgott Tefent: Verkörperung des feuchten Elementes Für mich ist diese Schöpfungsgeschichte eine der schönsten, die ich kenne.
Da wir schon in Ägypten sind, möchte ich einen Zeitsprung in die reale Zeitrechnung machen und AMENOPHIS, den vierten Pharao der 18. Dynastie, 1364 v. Chr., erwähnen.
AMENOPHIS war der erste Pharao, der nach einer religiöse Eingebung oder Offenbarung die Anbetung eines einzigen Gottes einführte, der sich in der Gestalt der Sonnenscheibe kundtat und allen Menschen Leben spendete.
Seinen Namen AMENOPHIS - AMUN sei gnädig - gab er auf und nannte sich ECHNATON - der ATON angenehm ist. Er gründete eine neue Hauptstadt in Tell el Amarna - daher ist diese Periode auch als Amarna-Kultur bekannt. Wesentliches Merkmal dieser Periode ist die Sonnenscheibe, deren Strahlen in Hände auslaufen.
Machen wir nun wieder den Zeitsprung zu den Mythen zurück. Schauen wir uns nun, einen Schöpfungsmythos einer animistischen Naturreligion an. Hier geht es wesentlich kämpferischer und blutiger zu. Ich meine den Schöpfungsmythos der Germanen.
Einst gab es eine Zeit, da alles nicht war. Nicht Erde und Meer, noch der Himmel darüber mit seinen unzähligen Sternen. Da war nichts als ein finsterer Abgrund. Die gähnende, lautlose, tote Kluft. Aber in dem grenzenlosen, schweigenden All lebte Fimbultyr, der geheimnisvolle, große und allmächtige Weltgeist, den nie ein Auge gesehen. Allvater ist's, der Starke droben, der alles lenkt und ewige Satzung verordnet. Und nach seinen Willen entstand Im hohen Norden das finstere Nebelreich Nifelheim und fern im Süden Muspelheim, das Reich der Glut des Feuers.
Dann folgt die Erschaffung der Götter und Riesen, die ich hier übergehe. Später heisst es:
Die drei göttlichen Brüder (gemeint sind Odin, Hönir und Loki) zogen aus zu dem Kampf gegen die Riesen aus Ymirs Geschlecht, mit ihnen um die Herrschaft zu kämpfen.
Es kommt dann zum Kampf, den ich übergehe. Später heißt es:
Als sich die Flut verlaufen hatte (gemeint ist das Blut der Riesen), nahmen die drei göttlichen Brüder dem Körper Ymirs, warfen ihn zwischen Nifelheim und Muspelheim in den gähnenden Abgrund und schufen aus ihm die neue Welt. Aus seinem Fleisch wurde die Erde geschaffen, aus dem Blute das Meer, aus den Zähnen die Steine, aus den Haaren Bäume und Sträucher, aus dem Schädel die Wölbung des Himmels und aus dem Hirn die wallenden Wolken. Aus den Augenbrauen errichteten sie einen festen Wall gegen das Meer und schieden so Land und Wasser voneinander. Die Erde ward trocken und das Meer umfloß sie rings. An der jenseitigen Küste und auf den Inseln des Nordens siedelten sich die Riesen an, die erhöhte Mitte aber wurde Midgard benannt und sollte die Heimstätte der Menschen werden. So hatten sich Odin, Hönir und Loki die Herrschaft der Welt errungen und sie nannten sich hinfort die Asen, Säulen der Welt, fortan wohnten sie in Asgard.
Ich habe es bereits erwähnt, hier haben wir es mit einer animistischen Naturreligion zu tun. Diese ist charakterisiert durch eine Vielzahl von Geistern - guten und bösen - die draußen in der Natur ihr Wesen oder Unwesen treiben. Überall wirken Zwerge und Riesen. Die Götter tragen sehr menschliche Züge, man könnte sie fast als gesteigerte treffende Personifikationen menschlicher Eigenschaften und Typen, Tugenden und Schwächen deuten. Sie, die Asen, stehen im ständigen Kampf, gestärkt durch magische Kräfte - wie die Zauberkraft der Runen - ich denke dabei an die Runenweisheiten der Götterdichtung der Edda:
Astrunen lerne
wenn du Arzt sein
und Krankheit erkennen willst !
Man ritzt sie auf die Borke
und des Baumes Gezweig
der ostwärts die Äste neigt.Hier haben wir es mit einer Lichtmagie zu tun, einer magischen Form in manchen Naturreligionen.
Nun, sieht man sich in der diesbezüglichen Literatur um, wird man jede Menge über Runenmeditation und Runenmagie finden.
Nachdem wir schon bei der Götterdichtung der Edda sind, möchte ich zwei Strophen aus der Völuspa - Der Seherin Gesicht - zitieren:
Die Strophe 3 beschäftigt sich mit der Schöpfung:
Urzeit war es,
da Ymir hauste:
nicht war Sand noch See
noch Salzwogen,
nicht Erde unten
noch oben Himmel,
Gähnung grundlos
noch Gras nirgend.Die Strophe 28 beschäftigt sich mit der Endzeit:
Er füllt sich mit Fleisch
gefallner Männer,
rötet mit Blut
der Rater Sitz.
Schwarz wird die Sonne
die Sommer drauf;
Wetter wüten -
wißt ihr noch mehr.Mit den ersten Wort der Strophe "Er" ist der Saal, die Halle gemeint, die Erde mit den Himmel darüber.
Eine beklemmende Aussage, wenn wir diese mit heutigen Weltuntergangs-Szenarien vergleichen!Wie alt die Völuspa ist, wissen wir nicht. Man wird hier möglicherweise an eine einmalige persönliche Eingebung denken müssen. Der Isländer Snorri STURLUSON, von dem meines Wissens die erste Ausgabe der Edda um cirka 1230 stammt, hat diese Texte bereits übernommen.
Ich möchte die Schöpfungsmythen mit den Anfangsworten der Genesis schliessen:
"Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser."
Was können wir nun aus den Mythen, aus den Schöpfungsmythen ersehen ? Ich persönlich glaube, dass wir - abgesehen von der Symbolik, ausgedrückt durch die Handlung und die jeweiligen Götterfiguren - ein gemeinsames Ganzes feststellen können: einen gemeinsamen, uns unbekannten geistigen Ursprung.
Ob wir es hier mit einem kollektiven Unbewussten zu tun haben, vermag ich nicht zu beurteilen. Hier gibt es die verschiedensten Gedankenmodelle.
Sehen wir uns nun weitere Aspekte von Mythen an.
Wenn wir uns die Jenseitsvorstellungen einiger antiker Hochkulturen ansehen, so können wir unter anderem feststellen, dass die Menschheit versuchte Unsterblichkeit zu erlangen.
Warum hat ein Teil der Menschheit jahrtausendelang an dem Glauben festgehalten, dass es irgendwo auf der Erde einen Ort gäbe, von dem der Mensch zu den unsterblichen Göttern gelangen könnte ?
Besteht eine Verbindung zwischen diesem Ort und den Heiligtümern der Hebräer, Babylonier, Ägypter, Griechen und Perser ?
Wir wissen und kennen die Zusammenhänge, den Ursprung dieser Annahmen nicht.Es gibt aber auch in den Vorstellungen der Menschheit eine ganz andere Fragestellung. Seit Urzeiten machen die Menschen sich Gedanken über den Tod.
- Warum sterben wir ?
- Ist der Tod das unvermeidliche Ende des Lebens oder eine Art Bestrafung ?
Verschiedene Erklärungsversuche finden sich in den Mythen und Legenden. Diese gehen davon aus, dass die Menschen ursprünglich als unsterblich geschaffen wurden und sich der Tod als Eindringling zwischen sie und das ewige Leben stellte. Doch für sein Eingreifen werden verschiedene Gründe angenommen.
In einigen Fällen entsteht er irrtümlich als Ergebnis einer missverstandenen Botschaft. In anderen Fällen wird er uns als Strafe für Ungehorsam, Undankbarkeit oder Dummheit geschickt, wie etwa in der jüdisch-christlichen Geschichte von Adam und Eva.
In wieder anderen Überlieferungen ist der Tod das Ergebnis einer Übereinkunft zwischen den Göttern oder zwischen den ersten Männern und Frauen. Viele der Darstellungen deuten darauf hin, dass die Menschen nur auf Grund eines unglücklichen Zufalls nicht mehr in der Lage sind, ihr Leben immer wieder auf das Neue zu beginnen. Denken wir dabei an die Schlange, die nach jeder Häutung weiterlebt und damit den Mythos der Unsterblichkeit erlangte. Ich bringe jetzt zwei Beispiele dieses Thema betreffend:
Ein afrikanischer Mythos erzählt uns, dass das Chamäleon von Gott ausgesandt wurde, um den Menschen zu sagen, dass sie unsterblich sein könnten, wenn sie es wünschten. Doch leider nahm sich das Chamäleon viel Zeit und wurde auf seinem Weg von der Eidechse überholt, die ebenfalls eine Botschaft trug. Doch diese lautete, dass die Menschen sterben müssten, wenn ihre Zeit gekommen sei.
Eine ganz andere Vorstellung findet sich in einem Mythos der Schwarzfußindianer, welcher davon erzählt, wie der erste alte Mann und die erste alte Frau darüber sprachen, was mit ihnen geschehen sollte. Der Mann wünschte sich die Unsterblichkeit, doch die Frau sah, dass diese letztlich zur Überbevölkerung der Erde führen würde. Außerdem gab sie zu bedenken, dass die überlebenden Menschen nur dann Trauer über den Verlust geliebter Menschen und Mitleid erfahren können, wenn andere sterben. Sie beschlossen, als Entscheidungshilfe ein Stück Büffelknochen ins Wasser zu werfen. Schwamm es oben, wollten sie die Unsterblichkeit wählen, ging es unter, den Tod akzeptieren. Doch die Frau hatte magische Kräfte, sie verwandelte das Knochenstück in einen Stein und es ging unter.
Auch hier sieht man wieder die Symbolik, das Anklingen von magischen Formen.
Ganz kurz will ich die Religionen der Welt streifen. Vom Anbeginn der Zivilisation hat die Religion sowohl im Privatleben der Menschen wie auch im gesellschaftlichen Bereich eine unentbehrliche, manchmal auch eine schändliche Rolle gespielt. Religion beschäftigt sich mit den Grundlagen menschlicher Existenz. Themen wie die Erschaffung der Welt, dem Sinn des Lebens, dem Weiterleben nach dem Tod, dem sittlichen Leben, um nur einige wenige Aspekte zu nennen. Es ist völlig unmöglich, jetzt auf die einzelnen Religionen und ihre Aspekte einzugehen.Denken sie bitte daran, dass wir es hier mit elf Weltreligionen zu tun haben. Mit Jenseitsvorstellungen in, den verschiedensten Varianten und Auslegungen. Aber denken wir auch daran, dass nicht alle Aussagen von Religionen unwidersprochen sind.
Was die römisch-katholische Religion betrifft, so denke ich vor allem an den Mystiker Jakob Lorber, den Schreibknecht Gottes wie er auch genannt wurde. Lorber lebte von 1800 bis 1864. Er behauptete von sich, ein Vermittler göttlicher Offenbarungen zu sein. Ich denke dabei an das Gespräch zwischen Bischof Martin und Petrus im Himmel, dessen Inhalt sich absolut nicht mit den Glaubensinhalten der katholischen Kirche deckt. Nachzulesen in seinem Buch "Bischof Martin".
Ich denke weiters an Meister ECKHART, den "Magister sacrae theologiae" . Er lebte von 1260 bis 1328 und war einer der bedeutendsten deutschen Mystiker. Sein Werk wurde von Papst Johannes XXII. als ketzerisch verurteilt, "da er mehr wissen wollte, als nötig war". Er wurde als Häretiker erklärt. Die Liste dieser Namen ließe sich fortsetzen.
Wenden wir uns nun einer ganz anderen Form von Jenseitsvorstellungen und Jenseitsmitteilungen zu, die uns von lebenden Personen - den Medien - mitgeteilt wurden und werden. Hier haben wir es primär mit zwei Problemkreisen zu tun:
- Die zustimmenden Medienaussagen die sich mit der Religionsauffassung decken und
- Die Medienaussagen die nicht mit der Religionsauffassung übereinstimmen und zum Teil völlig andere Auffassungen vertreten.
Ich bringe zwei Beispiele aus meiner Sammlung, das Jenseits und das jüngste Gericht betreffend. Ich zitiere auszugsweise:
Wenn ihr den Körper ablegt, kommt. ihr ja schon in eine andere Welt, in eine Sphäre die euch adäquat ist.
Eine andere Medienaussage, ich zitiere wieder auszugsweise:
Wir wollen hervorheben, was Menschen gerne vergessen, dass wenngleich kein formelles Gericht im Beisein eines versammelten Universums existiert, wo der Engel die Bücher der Verdammung vorlegen wird.
Diese zwei Beispiele sollten keineswegs dazu dienen, Glaubensvorstellungen von Religionen anzuzweifeln oder gar in den Schmutz zu zerren. Sie sollten nur zeigen, wie sich solche Aussagen anhören, nichts weiter.
Hier muss ich allerdings erwähnen, dass ich in meiner Sammlung Medienaussagen besitze, die an Primitivität - um es fein auszudrücken - nicht zu überbieten sind. Für mich persönlich sind religiöse Aussagen von Medien ohnehin fragwürdig, wenn nicht gar suspekt. Wir haben es manchmal mit Medienaussagen im Dunstkreis von Sekten zu tun, die absolut abzulehnen sind. Mir sind Medienaussagen, die ich hier nicht bringen will - wohlgemerkt aus der Jetztzeit - bekannt, die mir sogar als gefährlich erscheinen. Aber auf einen Punkt zum Thema Medienaussagen möchte ich doch noch zu sprechen kommen und mit aller Deutlichkeit warnen.
Der Punkt heißt:
Abhängigkeit vom Medium bzw. von den Medien.Hier liegt eine große Gefahr, speziell dann, wenn die Medienaussagen mit der Person in irgend einer Form verknüpft werden.
Also, Grundprinzip, wenn man schon ein Medium konsultiert: Klaren Kopf behalten und unter keinen Umständen die persönliche Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen lassen oder sie gar aufzugeben.
Ob hier überhaupt eine Form der Medialität vorliegt, wage ich zu bezweifeln, und zwar aus eigenen Erleben. Das heißt aber nicht dass, ich den ganzen Mediumismus in Bausch und Bogen verurteile. Das hieße das Kind mit dem Bade ausschütten.
Ich sagte bei meinen Referat über die Formen der Medialität: Viele mediale Kundgebungen sind oberflächlich und banal. Andere sind für den Erlebenden von intensiver Realität, wissenschaftlich aber wertlos, weil ihnen bestimmte Beweismerkmale fehlen. Aus eigener Erfahrung möchte ich hinzufügen: Vieles ist Betrug.
Jenseitsvorstellungen finden wir auch bei Todesnähe-Erlebnissen, dies nur der Vollständigkeit halber. Ich erinnere an mein Referat "Das Erlebnis der Todesnähe" am 25. Juni dieses Jahres.
Ich habe versucht, einen Bogen zu spannen über Jenseitsvorstellungen der verschiedenen Kulturen, über Seelenvorstellungen zu den Vorstellungen und Symbolen früher Menschheitsgeschichte zu den Welterschaffungsmythen. Ich habe kurz die Religionen erwähnt und einige mediale Komponenten aufgezeigt.
Man könnte diese Vorstellungen fortsetzen mit der Theosophie, mit Heilbringersekten, mit Vorstellungen der Philosophen, um nur einige Themen noch zu nennen. Aber all dies ist in der kurzen Zeit nicht möglich und würde eigene Referate notwendig machen. Es ist mir bewusst, dass es nur blitzlichtartig beleuchtete Themen und Aspekte sein konnten.
Aber einen Schluss, so glaube ich persönlich, können wir daraus ziehen:
Gleichgültig, woran wir auch persönlich glauben, wir überschreiten eine Grenze, von der kein Wanderer wiederkehrt.
Oder um es mit den Worten MARC AURELs auszudrücken:Der Tod ist, ebenso wie die Geburt, ein Geheimnis der Natur, hier Verbindung, dort Auflösung derselben Grundstoffe.
Schließen möchte ich mit den Worten RAMAKRISHNAs:
"Das Ewige ist Eins - aber es hat viele Namen".
Die Diskussion
war, wie nicht anders zu erwarten, auf Jenseitsaspekte im engeren Sinn, d. h. jene Jenseitsvorstellungen, wie sie durch mediale "Durchgaben" transportiert werden, fokussiert, wobei der Referent aufgrund eigener Erfahrungen nachdrücklichst auf den weit verbreiteten Betrug durch Medien ("Fischen", "Cold Reading", "Hot Reading") hingewiesen und eine Reihe von im Sinne der Psychohygiene höchst bedenkenswerten Ratschlägen gegeben bzw. Warnungen geäußert hat.Ohne Bezugnahme auf den gegenständlichen Vortrag, jedoch im Zusammenhang mit dem in der Diskussion so vordergründigen Spiritismus-Problem möchte ich auch darauf hinweisen, daß das längst vergriffene Standardwerk von W. H. C. TENHAEFF zu diesem Thema, an dessen deutscher Übersetzung ich damals, 1973, mitgearbeitet habe, "Kontakte mit dem Jenseits? Der Spiritismus-Report " seit 1999 wieder lieferbar ist, und zwar nunmehr als Taschenbuch-Ausgabe (ULLSTEIN TB-Verlag, Berlin).
[Zurück zum Seitenanfang] [Zurück zum Vortragsprogramm] [Zurück zum Inhaltsverzeichnis] [Home]